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biographie robert brack

Robert Brack wurde am 04.05.1959 als Ronald Gutberlet in Fulda geboren und lebt seit 1981 in Hamburg; nach dem Studium der Soziologie freier Autor; früher sehr viel Journalismus, jetzt fast ausschließlich Buchprojekte; neben Romanen und Erzählungen auch Sachbücher; Übersetzungen aus dem Englischen/Amerikanischen im Krimi-Bereich (u.a. Robert B. Parker und Jerry Oster), außerdem Krimi-Kritik und gelegentlich Anthologie-Projekte.

1988 erschienen mit "Blauer Mohn" und "Die Spur des Raben" seine ersten beiden Kriminalromane: Angesiedelt im kommunistischen Polen nach Verhängung des Kriegsrechts und in der darauf folgenden Zeit des Wandels beschreiben sie das Schicksal polnischer Exilanten, Oppositioneller, Krimineller, korrupter Beamter und verschrobener Idealisten. Zusammen mit "Die siebte Hölle" entstand eine Trilogie, die man heute als "historische Romane" lesen kann. Zentrale Hauptfiguren sind der im Hamburger Exil lebende Buchhändler Jerzy Pakula, der undogmatische Warschauer Kriminalpolizist Major Kronstadt und der polnische Anarchist Tadeusz Estreicher. Hier ist ein kleines Extra: Als Nachwort zu "Die siebte Hölle" hat Helmut Ziegler einen schönen [ essay ] über die Polnische Kriminaltrilogie geschrieben.

Mit "Rechnung mit einer Unbekannten" begann Brack 1989 eine Reihe von Romanen, in deren Mittelpunkt der heruntergekommene Journalist Tolonen steht, der sich seinen Lebensunterhalt zunächst in einer dubiosen Hamburger Agentur für Klatschnachrichten verdient, dann aber zusammen mit seinem Kollegen Kreissberg ein eigenes Büro eröffnet. Auf der Suche nach politischen Sensationsgeschichten schlittert Tolonen in internationale oder lokalpolitische Intrigen. In "Schwere Kaliber" (1991) gerät er in einen Mehrfronten-Krieg ex-jugoslawischer Agenten, in "Psychofieber" (1993) wird er nach dem Wahlsieg der Rechtsradikalen zum Opfer einer Verschwörung innerhalb der Hamburger Justiz und landet im Knast.

Dieses Buch und das folgende präsentierte der Autor auf seiner Finnlandreise im Jahre 1992 einem interessierten Publikum an Schulen, Universitäten und Goethe-Instituten in Vaasa, Tampere, Helsinki und Turku. 

Robert Brack

Für "Das Mädchen mit der Taschenlampe" (1992), einen im Hamburger Werbe-Milieu angesiedelten, experimentellen roman noir, in dem am Schluss das Rätsel, nicht die Aufklärung komplett ist, erhielt Brack den "Marlowe" der Raymond-Chandler-Gesellschaft; ebenso für die Erzählung "Das Osterhasen-Wochenende", die in der Anthologie "Bloody Bunny" (1996) erschien.

In seinen nächsten Romanen stellt Brack ein Kollektiv von Außenseitern und Ostblock-Agenten in den Mittelpunkt: Unter der Leitung des russischen Ex-Geheimdienstlers Malakoff haben sich der Ostdeutsche Anton Ruger, die Französin Cathérine Sellier und die "jungen Wilden" Bourjaily und Lis Lisenfeld dazu entschlossen, ihr Gewerbe zu privatisieren. "Das Gangsterbüro" (1995, ausgezeichnet mit dem "Deutschen Krimi-Preis") und der Nachfolgeroman "Nachtkommando" (1997) beleuchten die Verwerfungen im europäischen Machtgefüge nach dem Fall der Mauer und die Scharmützel von politischen Eliten, Großkonzernen und Kriegsgewinnlern hinter den Kulissen der Macht. Teil drei dieser Serie trägt den Arbeitstitel "Malakoff-Cocktail" und ist zur Zeit in Arbeit.

Im Februar 2003 erschien der erste Roman einer neuen Serie um die junge Detektivin Lenina Rabe. Leninas Vaters wird tot aus dem Hafenbecken gezogen. Da die Hamburger Polizei sich nicht für den Mord interessiert, ermittelt Lenina auf eigene Faust und gerät in einen Sumpf aus Gewalt und politischer Korruption. Rechtspopulistische Politiker und mit der Kiezmafia verbandelte Wirtschaftskriminelle wollen sie aus dem Weg räumen, aber "Lenina kämpft".

Neben Exposés, die er zusammen mit Peter M. Hetzel für eine Reihe von Action-Thrillern schrieb, die dann von anderen Autoren (u.a. Peter Schmidt, Karr & Wehner, Jürgen Alberts, Hartmut Mechtel) realisiert wurden, verfasste Brack in den letzten Jahren einige kleinere Erzählungen, die in der Hamburger Krimi-Reihe "Schwarze Hefte" erschienen: "Die Feinschmecker-Morde" (1998) basiert auf den Erfahrungen des Autors als Restaurant-Kritiker und stellt den nihilistischen Kriminalbeamten Kommissar Leipziger in den Vordergrund, der auch schon in "Das Mädchen mit der Taschenlampe" und "Das Osterhasen-Wochenende" auftauchte; "Der blutrote Chevrolet" sowie "Todestropfen" und "Brandnacht" (1999 / 2000 / 2001) haben einen neuen Helden, den deutsch-amerikanischen Automechaniker und Amateurdetektiv Jakob Rossi alias Don Muller.

Robert Brack selbst tritt als Hauptfigur in einer Erzählung mit dem Titel [ Das Fenster zum Fleet ] auf, die unter dem Namen Ronald Gutberlet im November 2001 erschienen ist. Daneben gibt es seit Jahren eine Serie von Kurzgeschichten, die in diversen Anthologien veröffentlicht wurde, 1991 mit "Trompeten für Max Jericho" begann und von den kriminellen Anwandlungen eines asozialen Lotto-Millionärs berichten. Zusammen mit 23 anderen Autoren schrieb Brack den überdrehten Weihnachtskrimi "Eine böse Überraschung" (1998), den er auch als Herausgeber betreute.

Inzwischen sind nach dem "linksradikalen Agit-Prop-Krimi" (Brack) "Lenina kämpft" zwei weitere Romane mit der schlagfertigen jungen Privatdetektivin Lenina Rabe erschienen. "Haie zu Fischstäbchen" (2005) und "Schneewittchens Sarg" (2007) spielen fast ausschließlich in Bracks heimatlichem Stadtteil Altona, was der Autor durchaus ironisch sieht: "Ich habe mit international angesiedelten Thrillern begonnen und immer den größeren Rahmen gesucht. Als dann die Anfrage kam, mal etwas regional verankertes zu schreiben, habe ich mir den Spaß erlaubt, den örtlichen Rahmen von Buch zu Buch immer mehr zu verkleinern – wenn man will kann man alle großen Themen auch auf engem Terrain abhandeln."

Robert Brack

Über seine Heldin Lenina Rabe schreibt Brack (in Anlehnung an eine Aussage von Raymond Chandler über Philip Marlowe):
"Sie ist weder trübsinnig noch ängstlich. Sie ist eine Heldin, sie ist alles. Sie muss die beste Frau in dieser Welt sein und eine gute Frau für jede andere Welt. Die Geschichte dieser Frau ist die abenteuerliche Suche nach der versteckten Wahrheit, und sie wäre nicht abenteuerlich, wenn diese Frau nicht fürs Abenteuer geboren wäre. Wenn es genug solche Frauen gäbe, wäre die Welt wahrscheinlich ein sehr sicherer Ort zum Leben und bestimmt nicht so langweilig, dass sich das Leben nicht lohnen würde."

Dann kam der Roman, von dem Brack behauptet: "Das ist zweifellos mein wichtigstes Buch." Nach jahrelangen Recherchen gelang es dem Autor einen authentischen Kriminalfall aufzuklären. Anlass war eine knappe Bemerkung in einer offiziellen Chronik der Hamburger Polizei: "Am 9.7.1931 trieben die Leichen zweier Hamburger Kriminalbeamtinnen am Strand von Pellworm an, die wegen dienstlicher Misshelligkeiten freiwillig in den Tod gegangen waren. Es kam zu einem Eklat. Am 12.7.1931 wurde die Dienststelle in ihrer alten Form aufgelöst, männlicher Leitung unterstellt und die Aufgabengebiete neu verteilt." Die Leiterin der Dienststelle, so heißt es weiter, wurde aus dem Dienst entlassen, obwohl "sie am Tode der beiden Frauen unschuldig gewesen sei".

Die Frage, warum zwei Hamburger Polizistinnen im Jahr 1931 auf einer Nordseeinsel ums Leben kamen und wieso ihre Vorgesetzte entlassen und die ganze Dienststelle aufgelöst wurde, war so spannend, dass sie den Autor zu eigener Detektivarbeit anstachelte. Das Ergebnis war ein Ermittlungsbericht in Romanform, der nicht nur den vergessenen und anonym bestatteten Toten Gerechtigkeit widerfahren lassen will, sondern auch ein wichtiges Kapitel der Hamburger Polizeigeschichte aufarbeitet und in die politischen Kämpfe der damaligen Zeit einordnet.

Zwei Jahre später knüpfte Brack an diese Geschichte an, übernahm eine Nebenfigur und machte sie zur Hauptfigur des nächsten Romans, der mit den Worten beginnt: "Mein Name ist Klara Schindler. Ich werde einen Menschen töten. Vorsätzlich, aber nicht aus niederen Beweggründen, es ist meine Pflicht."
Auch in diesem Buch geht es wieder um ein "Verbrechen der Polizei", einen sechzehnfachen Mord, der am 17. Juli 1932 stattfand und, wie Brack meint, "noch immer auf dem Gewissen der Stadt lastet".

Das Thema "Altonaer Blutsonntag" lag nahe. Nicht nur weil das Geschehen aus dem Jahr 1932 zeitlich an das vorherige Buch anknüpft, sondern auch, weil der Autor feststellte, dass er jeden Tag auf dem Weg ins Büro jene Straßen entlang geht, auf denen sich das Drama ereignete, das 18 Menschen (und später weiteren vier Justizopfern) das Leben kostete. Abgesehen davon, dass hier ein bedeutendes Ereignis der Hamburger Geschichte, das in der Öffentlichkeit noch immer falsch interpretiert wird (die Legende vom Feuerüberfall kommunistischer Dachschützen), ging es Brack auch darum, die Frage nach der Verantwortung des Einzelnen und dem Versagen institutionalisierter Politik zu stellen.
"In gewisser Weise", so Brack, "bin ich wieder am Ausgangspunkt meines Schreibens angekommen. In der Polnischen Trilogie ging es um das Scheitern des Staatssozialismus, in 'Blutsonntag' um die Unfähigkeit der autoritär geführten Arbeiterparteien die heraufziehende Katastrophe zu verhindern. Und mitten drin das Individuum mit seinen zerstörten Hoffnungen und zerbrochenen Idealen und der bitteren Erkenntnis: Ich habe meine Sache auf Nichts gestellt."

Erneut aufgegriffen wird das Thema im nachfolgenden Roman "Unter dem Schatten des Todes".
Hier geht es um das wohl folgenreichste politische Verbrechen in Deutschland im 20. Jahrhundert - den Reichstagsbrand. Erstaunlicherweise hat sich bisher kein anderer Kriminalschriftsteller an dieses Thema gewagt - vielleicht, weil der Fall bis heute nicht eindeutig geklärt wurde und seit Jahrzehnten ein heftiger Streit unter Historikern ausgetragen wird, wer aus welchem Grund und wie den Reichstag am 27. Februar 1933 angezündet hat.
Den diversen Interpretationen der Geschichtswissenschaft setzt Brack eine konkurrierende Version entgegen und stellt nüchtern fest: "Meine Variante ist keinen Deut unwahrscheinlicher als die der Wissenschaft."

Danach folgte eine dreijährige Publikationspause, in der Brack zahlreiche Bücher von britischen, irischen und amerikanischen Autoren übersetzte. Dazwischen aber fand sich noch ein bisschen Zeit, die Lenina-Rabe-Reihe fortzusetzen. Das Ergebnis trägt den Titel "Die drei Leben des Feng Yun-Fat" und behandelt die sozialen Niederungen der Globalisierung vor unserer Haustür. Eine "nicht ganz zufällige Begegnung" (Brack) mit einer Lektorin eines großen Verlagshauses führte dann zu einem neuen historischen Projekt mit dem Titel "Die Toten von St. Pauli", einer groß angelegten Kriminalgeschichte, in der das Hamburg des Jahres 1920 wieder aufersteht. Darin "eine Frauenstudie, um es mal im Stil von Balzac auszudrücken" (Brack) und ein Wiedersehen mit Alfred Weber, dem Kriminalbeamten, der in "Blutsonntag" der Protagonistin Klara Schindler begegnete. Robert Bracks historische Comédie criminelle wird also fortgeschrieben.

Dass Brack publikationstechnisch und PR-mäßig im 21. Jahrhundert angekommen ist, zeigen die zahlreichen Wiederveröffentlichungen von vergriffenen Romanen und Erzählungen bei E-Book-Anbieter wie hey! publishing und Ullstein Midnight. Der Pendragon Verlag in Bielefeld konnte ihn sogar überreden, seine frühen Rowohlt-Titel als E-Books und BOD-Printausgaben neu zu veröffentlichen.

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